„Ikarus: Der bekannte Sohn des Dädalus. Er wurde mit seinem Vater vom Minos in das Kretische Labyrinth versperrt. Die väterliche Zärtlichkeit suchte auch für ihn Rettung und das Künstlertalent bildete die Flügel, welche mit Wachs an die Schultern geheftet wurden. Der Jüngling erhob sich mit dem Vater in die Lüfte, schwang sich aber wider die väterliche Warnung zu hoch, daß das Wachs vom Sonnenstrahl schmolz und er sein Grab in dem Meere fand, das man nach ihm das Ikarische nannte.“

So charakterisiert Karl Philipp Moritz kurz und bündig die mythische Gestalt des Ikarus im Jahre 1794 in seinem Werk „Mythologisches Wörterbuch“.

Im Schicksal des Daedalus und Ikarus konzentriert der römische Dichter Ovid in seinen Metamorphosen Wesensmerkmale des Menschen, die alle Zeiten hindurch bis heute nicht an Wert verloren haben: Freiheitsliebe, Fürsorge, Kreativität, aber auch menschliche Hybris.

Das Bewusstsein des Menschen der eigenen Begrenztheit („clausus erat“, Ov. Met. VIII 185) und die von Gott/den Göttern geschenkte Be-Geist-erung und Kreativität bewegen ihn dazu, seine Grenzen nicht anzuerkennen, sie zu überschreiten, neue Maßstäbe zu setzen („naturamque novat“, Ov. Met. VIII 189).

Der damit verbundene Fortschritt erweist sich einerseits für die Menschheit gerade in Wissenschaft, Medizin und Technik als höchst förderlich, zwingt sie aber andererseits auch, dem eigenen Freiheitsstreben und Fortschritt wieder Grenzen und Regeln zu setzen (siehe die Diskussion um KI). Bisweilen endet er auch in der Tragödie (siehe Ikarus).

Diese Motive regten immer Literatinnen und Literaten, Künstlerinnen und Künstler zur Rezeption des Mythos‘ an.

Wir freuen uns, dass zahlreiche Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe EF im Rahmen des Certamen Carolinum – Landesschülerwettbewerb Alte Sprachen NRW sich ebenfalls dieses Motives angenommen und ausgehend von der antiken literarischen Darstellung ein eigenes künstlerisches Werk geschaffen haben.

„Antike trifft Kunst“ so lautet der Titel unseres neuen Wettbewerbszweiges. Die Arbeiten der Schülerinnen und Schüler zeigen in beeindruckender Weise, wie der antike Text selbst immer wieder erneuert, ja lebendig und selbst zur Metamorphose wird.

Drei Schülerinnen und Schüler werden sich im November während des Finales noch einmal vertiefend mit diesem Motiv im Kontext der Kunstgeschichte auseinandersetzen. Die Siegerinnen und Sieger werden von der Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen im Aachener Rathaus empfangen und von Herrn Staatssekretär Dr. Urban Mauer in der Aula Carolina mit hochwertigen Geldpreisen des Landes Nordrhein-Westfalen prämiert werden.

Wir freuen uns, während des Finales die Arbeiten der Schülerinnen und Schüler in einer kleinen Ausstellung veröffentlichen zu dürfen.

Wir hoffen, dass sich auch im kommenden Schuljahr Schülerinnen und Schüler (dann der Jahrgangsstufe Q1) auf dieses Experiment des neuen Wettbewerbs einlassen werden und auf ihre Weise die Texte der antiken Welt lebendig werden lassen.