Mit diesen beiden Fragen beschäftigten sich 112 Schülerinnen und Schüler von 41 Gymnasien aus Nordrhein-Westfalen in der ersten Runde des Certamen Carolinum 2025, welches als Sonderausgabe veranstaltet wird.

In der ersten Wettbewerbsrunde waren die Teilnehmenden dazu herausgefordert, sich in Übersetzung und einem interpretatorischen Essay mit einer der oben genannten philosophischen Fragen in einer dreistündigen Klausur auseinanderzusetzen.

Die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe EF setzten sich dabei mit einem Auszug aus Senecas Schrift „De ira“ (1,5) auseinander, in der römische Philosoph der Frage nachgeht, ob der Zorn ein Wesensmerkmal des Menschen sei. Er kommt zu dem Schluss: „Beneficiis enim humana vita constat et concordia, nec terrore sed mutuo amore in foedus auxiliumque commune constringitur. (Auf Wohltaten beruhen nämlich das menschliche Leben und dessen herzliche Übereinkunft, und es wird nicht durch Schrecken, sondern durch gegenseitige Liebe zu einem gemeinsamen Bund und gemeinsamer Hilfe verbunden.)

Die Schülerinnen und Schüler der Q-Phase nahmen hingegen die Frage nach den Ursachen von Ungerechtigkeiten in den Blick. Cicero schreibt in dem Auszug aus „De officiis“ (1,26): „Maxime autem adducuntur plerique, ut eos iustitiae capiat oblivio, cum in imperiorum, honorum, gloriae cupiditatem inciderunt.“ (Besonders aber werden die meisten dazu veranlasst, dass das Vergessen von Gerechtigkeit sie erfasst, wenn sie der Gier nach Befehlsgewalten, Ehrenämtern, Ruhm verfallen sind.)

Beide Zitate zeugen von der fortwährenden Bedeutung der antiken Literatur und laden uns angesichts zunehmender politischer und gesellschaftlicher Spaltungen und des Bundestagswahlkampfes zum Innehalten und Nachdenken ein.

Wir freuen uns sehr, dass dieses neue Wettbewerbsformat so großen Anklang gefunden hat. Die Ergebnisse der Runde werden Ende Mai veröffentlicht werden.