Es ist mittlerweile vier Jahre her, dass ich am Certamen Carolinum 2014 teilgenommen habe, dennoch ist mir dieser Wettbewerb für alte Sprachen sehr positiv in Erinnerung geblieben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich in Aachen über das Thema „Der wahre Wert des Reisens“ anhand von Senecas Brief 28 seiner epistulae morales referiert und mich mit der Frage beschäftigt habe, inwiefern Reisen für Menschen eine Flucht vor den eigenen Fehlern darstellt. Hieran sieht man sehr schön, wie ich mich bereits zu dem Zeitpunkt auf mein Auslandsjahr in Neuseeland vorbereitet habe. Knappe acht Monate nach der Endrunde ging es nämlich für mich einmal ans andere Ende der Welt, wo ich zehn wunderbare und erfahrungsreiche Monate als Aupair in einer neuseeländischen Gastfamilie mit zwei Kindern verbrachte und den wahren Wert des Reisens auskostete.

Nicht nur Sprachkenntnisse, viele neue Freunde und tolle Eindrücke durfte ich sammeln, sondern mich auch persönlich unglaublich weiterentwickeln. Nach meinem Auslandsaufenthalt zog es mich ins schöne Münster, wo ich mein Bachelorstudium Politik und Wirtschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität im Herbst 2016 aufnahm. Dieser Studiengang gefällt mir besonders deswegen, weil er durch seine Interdisziplinarität zum Querdenken anregt und zur kritischen Analyse von Sachverhalten unter Beleuchtung verschiedener Blickwinkel. Dann stellt man nämlich fest, wie sehr diese zwei Disziplinen doch zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Im Anschluss an mein Bachelorstudium plane ich einen Master der Volkswirtschaftslehre, doch bis dahin versuche ich weiterhin meine Freiräume neben dem Studium intensiv zu nutzen, um im Nebenjob, Engagement in Studenteninitiativen und in Praktika, wie zum Beispiel in meinem Auslandspraktikum in einem Unternehmen in Island, wertvolle Praxiserfahrungen zu sammeln. Als nächstes steht für mich mein Auslandssemester in Nordspanien an, denn auch wenn ich mich letztendlich leider doch gegen ein Latein-Studium entschieden habe, bleibt meine große Leidenschaft für Sprachen bestehen. Ich habe mich bewusst für Spanien entschieden, da dies eine einzigartige Möglichkeit ist, meine Spanisch-Sprachkenntnisse zu verbessern und diese als Schlüssel zum Kennenlernen einer anderen Kultur zu nutzen. Mein Wissen aus dem Lateinischen hat mir bisher das Erlernen dieser romanischen Sprache sehr erleichtert.

In den vergangenen Jahren ist also viel in meinem Leben passiert und ich habe insgesamt sehr großes Gefallen an dem Bereisen neuer Länder gefunden – am liebsten mit Wanderschuhen und Wanderrucksack auf dem Rücken. Mir ist beim Reisen tatsächlich schon öfter die Metapher von Seneca in den Sinn gekommen, dass man als Reisender wie ein Schiff mit Ladung auf hoher See ist. Wenn die Ladung befestigt ist, kann man den Wellen standhalten, doch mit unbefestigter Ladung an Bord droht man zu versinken. Dass man also nur mit innerlich gefestigter Verfassung den wahren Wert des Reisens erfährt und sich überall auf der Welt zu Hause fühlen kann, hat für mich in meinen Auslandaufenthalten an Bedeutung gewonnen. Ich war erneut erstaunt davon, wie modern die Weisheiten dieses römischen Philosophen doch sind…